Anforderungen einer umweltverträglichen Erholungsvorsorge an die räumliche Gesamtplanung aus Bundessicht

Ziele, Maßnahmen und Instrumente sowie Handlungsempfehlungen

--> Abschlussbericht I Anhang I Kurzfassung

Freizeit und Erholung sind mittlerweile gesellschaftspolitisch und auch rechtlich als unverzichtbare Daseinsgrundfunktion anerkannt. Die Schaffung ausreichender Möglichkeiten für Freizeit und Erholung ist ein wesentlicher Bestandteil staatlicher Daseinsvorsorge. Nutzungskonflikte zwischen Raumansprüchen für Freizeit und Erholung und anderen Nutzungen sowie Natur und Landschaft nehmen aber zu, ohne dass die räumliche Planung den wachsenden Ansprüchen der Freizeit- und Urlaubsbranche mit erfolgreichen Lenkungsinstrumenten und Entwicklungsstrategien begegnen konnte. Somit muß sich die Entscheidungsebene des Bundes den Anforderungen einer umweltverträglichen Erholungsvorsorge stellen.

Unter Erholungsvorsorge wird die gesamte sozialpolitisch motivierte Vorsorgetätigkeit des Staates zur Schaffung der Rahmenbedingungen verstanden, um alle Bevölkerungsschichten in allen Teilen der Bundesrepublik in gleichem Maße eine angemessene und bedarfsgerechte Teilhabe an der Daseinsgrundfunktion Erholung haben können. Somit gewährleistet eine umweltverträgliche Erholungsvorsorge, dass durch eine umfassende Berücksichtigung der Ansprüche von Natur und Landschaft die Voraussetzungen für die Erholung des Menschen in Natur und Landschaft nachhaltig gesichert werden.

Die Erholungsvorsorge besitzt daher im Rahmen der räumlichen Gesamtplanung und ihres Beitrags zur Umsetzung von Zielen und Darstellungen der Landschaftspläne und sonstiger Umweltfachplanungen eine große Bedeutung zur Vermeidung und Korrektur von Fehlentwicklungen. Die Anforderungen an die Erholungsvorsorge sind mit dem Ziel zu formulieren, einen Ausgleich zwischen Schutzbedürfnissen und Nutzerinteressen im Sinne einer nachhaltigen Raumnutzung zu bewirken.

Als Aufgabenschwerpunkte ergeben sich somit neben der Sicherung und Entwicklung der Bedingungen für das Natur- und Landschaftserleben die Prüfung aller Erholungsaktivitäten auf ihre Umweltverträglichkeit. Voraussetzung bilden die Analyse der planungsrechtlichen Grundlagen und der planungspolitischen Vorgaben, die die umweltverträgliche Erholungsvorsorge im System der räumlichen Planung darstellen. Die föderative Grundhaltung der Länder dokumentiert sich in besonderem Maße auch in der Aufgabenwahrnehmung der Raumordnung, welche die Länder inhaltlich und formal außerordentlich unterschiedlich ausgestalten. Es läßt sich feststellen, dass auf der Ebene der Raumordnung des Bundes und der Länder keine grundsätzlichen Defizite in der verfassungsgemäßen und planungsrechtlichen Verantwortung für eine umweltverträgliche Erholungsvorsorge bestehen. So steht den Trägern der Raumplanung ein umfangreiches und wirkungsvolles Arsenal formeller Planungs- und Sicherungsinstrumente sowie zunehmend auch informeller Instrumente zur Verfügung, um die Belange der Daseinsgrundfunktion Freizeit und Erholung hinreichend und umweltverträglich zur Geltung zu bringen.

Neben der Bewertung des raumplanerischen Instrumentariums wird die derzeitige Planungspraxis anhand ausgewählter Beispiele untersucht. Durch die Analyse vorhandener positiver Planungsansätze lassen sich weitergehende Handlungsempfehlungen entwickeln. Daneben dient die Präsentation als Positivbeispiel dazu, Ansätze einer umweltverträglichen Erholungsvorsorge in der Praxis aufzuzeigen.

Die problemorientierte Auseinandersetzung mit den wesentlichen Konfliktfeldern der Erholungsvorsorge mündet in der Formulierung von differenzierten Handlungsempfehlungen. Jede einzelne dieser Empfehlungen ist geeignet, ihren spezifischen Beitrag zur Stärkung der umweltverträglichen Erholungsvorsorge in der Zukunft zu leisten.

Die aus dem Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse lassen sich in den folgenden sieben Lösungsansätzen zusammenfassen

  • Durchsetzung einer geordneten Flächenhaushaltspolitik und Verlagerung der Flächennutzungsplanung auf einen regionalen Träger.
  • Verstärkte Einbindung der heute weitgehend auf intensive Pflanzen- und Tierproduktion ausgerichteten Landwirtschaft in Aufgaben der Erholungsvorsorge.
  • Aktualisierung und Präzisierung des bereits normierten Auftrages zu einer umweltverträglichen Erholungsvorsorge im Naturschutzrecht des Bundes und der Länder sowie Stärkung der Landschaftsplanung auf allen Ebenen der räumlichen Gesamtplanung.
  • Vernetzung der regionalpolitisch ausgerichteteten Tourismusplanung mit den Erfordernissen sozialpolitischer und umweltverträglicher Erholungsvorsorge.
  • Unterstützung eines umweltverträglichen Erholungsverkehrs durch Berücksichtigung einer Schadensausgleichsbilanzierung unterschiedlicher Verkehrsarten.
  • Beeinflussung räumlicher Nutzungen durch die Raumplanung, so dass diese sich den potentiellen Risiken anpassen, um das Schadenspotential von Naturkatastrophen zu verringern.
  • Erweiterung der Umweltverträglichkeit durch Einbeziehung der sozioökonomischen Dimension zum Nachhaltigkeitsprinzip im Sinne des novellierten Raumordnungs- und Bauplanungsrechts bei der künftigen Erholungsvorsorge.

Umweltverträgliche Erholungsvorsorge stellt kein eigenständiges Planung- und Politikfeld dar, sondern ist wie die gesamte raumbezogene Planungspolitik den gesellschaftspolitischen und ökonomischen Rahmenbedingungen unterworfen. Die Dominanz dieser Politikfelder muss in zunehmendem Maße als nicht zukunftsfähig im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips eingeschätzt werden. Dies bedeutet für die vorgelegten Handlungsfelder, dass nur durch eine grundlegende Reform des gesamten gesellschaftspolitischen Systems eine umweltverträgliche Erholungsvorsorge im Sinne des rahmensetzenden Zielsystems gewährleistet werden kann.